“De profundis clamavi ad te, Domine. – Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir.“ sang Gott-hold Schwarz am Samstag, 10.6. in der Nordstemmer St. Johanniskirche. Zuvor hatte er seinen Platz auf der Empore verlassen, um Liszts Vertonung des 129. Psalms tat-sächlich „aus der Tiefe“ und im Rücken der Gäste zu singen. Die Ausdruckskraft, mit der der ehemalige Leipziger Thomaskantor das Flehen und Bitten des Psalms in die Ohren und Herzen sang, löste eine Gänsehaut aus. Bereits zuvor hatte der Professor an der Leipziger Musikhochschule den romantischen Kirchenraum mit Liedern von Max Reger, Hugo Wolf und Darius Milhaud zum Klingen gebracht.
Dabei verschmolz seine Stimme immer wieder mit den weichen Klängen der Nord-stemmer Furtwänglerorgel, die Hans Christoph Becker-Foss meisterhaft spielte. „Herr, schicke was du willt, ein Liebes oder Leides“ sang Gotthold Schwarz mit so weicher In-tonation und zugleich deutlicher Artikulation, dass die Töne des bekannten Gedichtes von Eduard Mörike an den Ohren der Zuhörer:innen kitzelten.
Dass sich beide Musiker seit mehr als 25. Jahren kennen und gemeinsam Konzerte in Europa geben, war dem perfekten Zusammenspiel am Konzertabend unter dem The-ma „Frieden“ anzumerken. So ersetzte die Orgel bei Felix Mendelsohn Bartholdys be-rührende Arie „Ja, es sollen wohl Berge weichen“ aus dem Oratorium „Elias“ das Or-chester und bot der Interpretation großen musikalischen Raum.
Mit choralgebundenen Werken von Johann Sebastian Bach und zwei Sätzen aus Orgel-sonate von Felix Mendelssohn Bartholdy war Hans Christoph Becker-Foss an dem In-strument mit 23 Registern auch solo zu hören. Und hier war zu merken, dass das In-strument für romantische Musik mit seiner großen Fähigkeit, die 8- und 16-Fußlagen zu verschmelzen, wie gemacht ist. Es war ein Erlebnis.
Mit lang anhaltendem Applaus honorierten die knapp 50 Gäste nach 90 Minuten das 2. Konzert in der Reihe der Nordstemmer Orgelmusiken. Am 9.7.2023 ist um 19.00 Uhr der Hildesheimer Dommusikdirektor Thomas Viezens mit Werken von Johann Sebasti-an Bach, Felix Mendelssohn Bartholdy, Josef Gabriel Rheinberger u.a. zu hören.