Beim Konzert von Matthias Eisenberg wurde die St. Johanniskirche in Nordstemmen in buntes Licht getaucht. Das Spiel des Orgelvirtuosen war auf einer Leinwand unterhalb der Orgelempore zu sehen.
Matthias Eisenberg begeistert in Nordstemmen mit Improvisationen
An den Wänden drehen sich Lichtspiele, der Raum ist in gelb-blau-rot illuminiert. Klang erfüllt die Luft, berauschend, vielschichtig. Das große Instrument fünf Meter über der Hörerschaft scheint zu atmen, geradezu zu schnaufen. Laut, leise, brachial, intim – in Sekundenbruchteilen ändert sich die Stimmung.
Am Samstag, 4. November erlebten etwa 100 Gäste in der St. Johanniskirche in Nordstemmen kein Rockkonzert, sondern die Kunst des weltbekannten Organisten Matthias Eisenberg. Schon sein Eröffnungsstück, das bekannte Präludium und die Fuge in Es-Dur von Johann Sebastian Bach hatten Feuer und Strahlkraft in der von bewegten Lichtern stimmungsvoll „verwandelten“ Kirche. Spontanen Applaus bekam danach das Andante F-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart, geschrieben für eine kleine Orgelwalze in einer Uhr. Hierbei wurde das große Instrument plötzlich ganz klein, klangen winzige Pfeifen fröhlich infantil. Zu einem Gebet lud der ehemalige Gewandhausorganist bei der Sonata d-moll von Felix Mendelssohn Bartholdy ein. „Vater unser im Himmelreich“ ist die Choralgrundlage mit einem „anbetungswürdigen“ Schlusssatz, den Matthias Eisenberg mit sanften Flötenstimmen gestaltete.
Ein kleines Erdbeben löste Max Regers Fantasie über den Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ zum Ende des ersten Teils des Konzertes aus. Quer durch den Quintenzirkel bewegte sich die Komposition des 1916 verstorbenen katholischen Kirchenmusikers, ohne dabei die Melodie des Reformationsliedes von Martin Luther aus den Noten zu verlieren. Ein berauschendes Erlebnis.
Organist Matthias Eisenberg wurde beim Konzert in der St. Johanniskirche Nordstemmen vom örtlichen Kirchenmusiker Stefan Polster (r.) unterstützt.
Grandiose Improvisationen
Sein improvisatorisches Können zeigte der erfahrene Virtuose bei den auf Zuruf aus dem Publikum gestalteten Improvisationen. Ob „Ins Wasser fällt ein Stein“, „Wachet auf ruft uns die Stimme, oder „Nun danket alle Gott“ – stets brachte Matthias Eisenberg die Choralmelodie in neue klangliche Zusammenhänge. Dabei durchliefen die einzelnen Choralzeilen nicht nur dynamisch, sondern ebenso stilistisch unterschiedliche Stationen. Selbst „Von guten Mächten“ nach der Melodie von Siegfried Fietz brachte Matthias Eisenberg harmonisch und rhythmisch in ganze neue Zusammenhänge. So hatten das Publikum das beliebte Lied noch nie gehört. Immer wieder applaudierten die begeisterten Gäste und ließen den Musiker erst nach knapp zweieinhalb Stunden Konzert gehen.
Die Reihe der Orgelmusiken in Nordstemmen wird 2024 fortgesetzt. Das neue Programm ist unter der bekannten Adresse www.orgelmusiken-nordstemmen.de ab dem Frühjahr 2024 zu erreichen.